Aquamarinfarbene Glasur und Palmenblätter ansehen

Es gibt unzählige Möglichkeiten zum Trainieren und Nutzen des Auges. In diesem Blogtext möchte ich einige konkrete Beispiele aus meiner persönlichen Liste vorstellen und erzählen, wie sie sich im Alltag widerspiegeln, welche Gefühle sie auslösen und welche Auswirkungen sie auf die Lebensqualität haben. Es macht großen Spaß, sich mit dem Trainieren und Nutzen des Auges zu beschäftigen. Um das Potential der Sehfähigkeit zu nutzen, kann man sich eine persönliche Liste machen, diese dann auswendig lernen und täglich anwenden. 

Für echtes Sehen braucht man Langsamkeit und Konzentration. Viel zu oft schauen wir Dinge nur flüchtig an, ohne sie wirklich zu sehen. Zum Wertschätzen des eigenen Sehvermögens gehört es, seine Sehfähigkeit, also das bewusste Sehen, zu trainieren. Anstatt das Sehvermögen lieblos und unbeachtet als gegeben hinzunehmen und es nur für alltägliches, automatisches Sehen zu verwenden, sollten wir beginnen, das Auge zu trainieren. Erst dann können wir sagen, dass wir das Auge auch wirklich nutzen.


Das Umfeld wieder sichtbar werden lassen

Befindet man sich ständig an demselben Ort, wird man leicht blind für all das Schöne, das einen umgibt. So ergeht es mir oft zu Hause, denn ich arbeite überwiegend auf Distanz. Es gibt mehrere Methoden, sein Umfeld wieder sichtbar werden zu lassen. Sehr effektiv ist das Gewinnen von Abstand mithilfe einer Reise von mindestens drei Tagen. Plötzlich sieht man wieder die wunderschöne Tapete im Flur, die herrliche, geräumige Küche oder das gemütliche Sofa. Während der Reise werden auch die einigen wenigen Dinge, die man dabeihat, wertvoller, da sie nicht in der Menge untergehen. 

Eine zweite Methode ist ein Um- und Aufräumen von Zimmern und Schränken. Ich habe es mir zur Gewohnheit gemacht, in halbjährigen Abständen mein kombiniertes Schlaf- und Arbeitszimmer umzuräumen (zum Glück hat der massive Schreibtisch Rollen). Die neue Anordnung der Möbel wirkt erfrischend und macht sie wieder "sichtbar". 

Eine dritte Methode ist es, sich sein Zuhause aus einer ungewöhnlichen Perspektive anzusehen. Ich klettere zum Beispiel manchmal auf den großen Apfelbaum vor dem Haus, und plötzlich sieht der Garten ganz anders aus, wie neu. Oder ich lege mich auf den Rasen und sehe mir den gewaltigen Ahornbaum von unten an. Einmal war ich auch mit der Kamera im Fluss und habe dort mit einem Makro-Objektiv die Wasserläufer bei ihrer Morgengymnastik fotografiert. 

In einem Garten oder Park herumwandern und Details bemerken

Eine ganz einfache Methode, sein Auge zu schulen, ist es, beim Flanieren in einem Garten oder im Park stehenzubleiben und auf Details zu achten. Dabei kann man es sich zum Beispiel zum Ziel machen, zwanzig besonders schöne Einzelheiten zu finden und diese, wenn man es will, zu fotografieren, um sich später noch daran erfreuen zu können. Ich war letzten Sommer im Botanischen Garten in Helsinki und fand unter anderem folgende Wunderdinge: eine Verzierung im schwarzglänzden, gusseisernen Zaun, ein sich gerade aufrollendes Farnblatt, eine Hibiskusblüte in einem faszinierenden Rosarot, ein von der Sonne beschienenes Blatt einer Riesenpalme und ein Laubfrosch auf dem Blatt einer Seerose.

Mit Farben und Formen experimentieren

Intensives Beobachten macht Spaß. Darüber hinaus ist es faszinierend, Farben und Formen selbst aktiv kreativ einzusetzen. Manchmal nehme ich mir einen Tag zum freien Gestalten. Dann gehe ich zum Regal mit den Kreativbüchern und lasse mich von ihnen verführen. Anfangs gar nicht zu wissen, wo einen die Kreativität hinbringen wird, das ist gerade das Schöne an diesen Sitzungen. Es macht Freude, sich Farbpaletten anzusehen. Man kann zum Baumarkt fahren, um in der Farbabteilung vor den Farbkärtchen zu stehen und interessante Kombinationen auszusuchen. Man kann sich ein Bücherregal freiräumen und sich ein schönes Stillleben mit Gegenständen zusammenstellen, die farblich und thematisch miteinander harmonieren und gemeinsam interessant aussehen. Oder man kann in der Knopfkiste herumwühlen, sich zehn Stück aussuchen, sie auf Papier kleben und einrahmen. 

Besonders angenehm ist es, aus Ton Gegenstände zu formen und sie dann entweder mit Unterlack oder Glasur zu färben. Das Gefühl, einen fertigen, frisch aus dem Ofen gekommenen Gegenstand in den Händen zu halten und ihn von allen Seiten zu begutachten, ist wirklich erlebenswert. Eine meiner Lieblingsfarben ist Aquamarin. Wenn ich aus dem selbstgemachten, aquamarinfarben glasierten Becher meinen Morgenkaffee trinke und ihn dann ansehe, wie er der da im Dämmerungslicht steht, geht die Farbe ganz tief in mein Inneres und bewegt etwas Großes, das schwer zu beschreiben ist ... es ist, als ob die Farbe sich mit mir unterhält und mich gleichzeitig wachsen lässt.  


Etwas schön anrichten oder ordnen

Man kann das Spielen mit Farben und Formen zu einem wichtigen Bestandteil des Alltags machen. Sich mit Farben und Formen Mühe zu geben, schult gleichzeitig das Auge für Schönes. Um einige Beispiele zu nennen: Ein schön gedeckter Tisch oder hübsch angerichtetes Essen auf dem Teller (zum Beispiel Paprikastreifen in Herzform oder Gurkenkronen). Oder das farbliche Ordnen von Kleidung im Schrank oder das Arrangieren von schönen Dingen auf dem Schreibtisch zu einem Alltagsstillleben. 

Im Moment steht auf meinem Schreibtisch ein Strauß mit weißen Tulpen, der mir beim Arbeiten zusieht. Im Gestell warten einige ausgesuchte Bleistifte auf Verwendung, und in einem der Fächer des Schreibtischklassikers stehen Sofias Babyschuhe aus braunem Leder.  


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