der Rhododendronmann
„Wollen wir nachher zum Gartencenter?“ In Annas Stimme klangen Tatkraft, starker Wille und freudige Erwartung mit.
Das achtzehnjährige Dame hatte die Pflanzen und
den Garten für sich entdeckt. Seit ihre ältere Schwester Sofia nicht mehr zu Hause wohnte, war Anna häufiger im Garten anzufinden. Sie schritt langsam und gedankenversunken die Schiefersteinpfade
entlang, und oft tauchte ihr zierlicher Kopf zwischen Himbeerbüschen und
Hopfenranken auf. „Ich mag sehr gerne im Garten herumwurschteln“, meinte sie
einmal, „da sieht man sofort das Ergebnis und es ist auch etwas Handfestes.
Außerdem ist die Gartenarbeit nützlich, und es macht Spaß, das Wachstum zu
beobachten. Uns wie schön alles aussieht!“ Diese neue Einstellung zur
Gartenwelt war erstaunlich. Plötzlich hatte Anna es gar nicht mehr eilig, vom
Gartencenter wegzukommen, sondern sie wollte alle Gewächshäuser durchstreifen
und die Blumenpracht in sich aufnehmen,
wie sie es ausdrückte. „Kann ich mir auch ein paar Blumen für den Balkon
aussuchen?“, sagte sie vor einem Meer von Stiefmütterchen. „Ja klar, Anna.“ Sie
half auch begeistert mit, mehrjährige Stauden ausfindig zu machen. Trotz
aktiver Bemühungen, mehr spät blühende Schönheiten zu kultivieren, sah es im
Garten ab August immer noch etwas langweilig aus. „Hier, wie wäre es hiermit,
Mama?“ Sie schwebte elegant und feenhaft mit einem Pfeifenstrauch (Philadelphus
Coronarius) unterm Arm herbei. „Blüht ab August. Und guck‘ dir doch mal diese
schönen, weißen Blüten an! Das ist was ganz Besonderes. Die soll auch lieblich
duften.“ „Toller Fund. Die nehmen wir.“ Wir rollten mit dem Blumenwägelchen
weiter, fanden noch einen Haselnussbusch und eine Staude mit interessanten,
roten Zweigen.
Anna und Sofia im Sonnenblumenfeld. Foto: Santeri Lehtinen
Der Gartencenter
ist mit dem Auto in zehn Minuten zu erreichen. Er liegt etwas außerhalb von
unserem Städtchen Ylivieska an einer kleinen, kurvigen Landstraße. Die Besitzer
dieses Familienunternehmens wohnen neben ihren großen Gewächshäusern und dem
kleinen Laden in einem gelb gestrichenen, alten Holzhaus, das von einem bunten
Blumengarten umgeben ist. Neben dem Parkplatz türmen sich hohe Berge aus
Blumenerde-, Dünger-, Torf- und Kalksäcken.
Es gäbe auch
andere und billigere Alternativen, sich seine Büsche und Bäumchen zu kaufen.
Große Supermarktketten haben auch ein recht gutes Angebot an Pflanzen, aber
ihnen fehlt der Charme und die persönliche Beratung. Deshalb muss es jedes Jahr
genau dieser Gartencenter sein.
An der Kasse
stand der Verkäufer, der beim letzten Mal so verführerisch Rhododendron gesagt hatte, und ich hoffte, dieses Wort auch jetzt
wieder aus ihm herauslocken zu können. Ich hatte mich während der Fahrt zum
Gartencenter sogar mit Anna darüber unterhalten. „Sag doch, dass dein Busch,
den er dir letztes Jahr verkauft hat, hervorragend gedeiht und tu‘ so, als ob
du dich nicht erinnern kannst, wie die Pflanze heißt.“ An der Kasse sprach ich
ihn an: „Ich habe doch letztes Jahr bei Ihnen eine Staude gekauft, die jetzt
bei uns im Garten ganz toll blüht, sie ist sehr gut angewachsen. Helfen Sie mir
doch auf die Sprünge, wie heißt dieser Frühblüher mit den strahlend gelben
Blüten doch gleich noch, …“ „Meinen Sie den Rrrrrrhododendrrrron?“ „Ja genau,
den! Danke!“ Im Augenwinkel sah ich, dass Anna sich seitlich wegdrehte, um ihr
breites Grinsen nicht preiszugeben. Ich hatte wegen meiner Vergangenheit als
Schwedischlehrerin zum Glück schon Übung im Halten eines Pokerface. Wir
schafften es gerade noch bis ins Auto, als wir laut losplatzten vor Lachen. „Es
hat geklappt“, jauchzte Anna, „errrr hat das Worrrrt gesagt!“
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